Die Stadtteile

Während die Kernstadt von Gudensberg mit der Fachwerk-Altstadt, der modernen Fußgängerzone und ihren Einkaufsmöglichkeiten durchaus städtisch geprägt ist, haben sich die sechs Stadtteile Deute, Dissen, Dorla, Gleichen, Maden und Obervorschütz ihren ursprünglichen Dorfcharakter bewahrt.

Deute

Der Stadtteil Deute (rund 900 Einwohner) wurde im Jahr 1314 erstmals als „Villa Thoyten“ urkundlich erwähnt und liegt östlich des Lamsberges am Fuße des Lotterberges. Den eigentlichen Ortskern bilden die Kirche und der Dorfplatz mit Brunnen, die wiederum von zahlreichen ortstypischen Fachwerkhäusern umrahmt werden und trotz zahlreicher Neubauten noch den dörflichen Charakter des Stadtteils erhalten.

Im alten Ortskern ist auch der „Löwenhof“ beheimatet. Der „Löwenhof“ ist Sitz des „Kulturstalls Deute“, einer Initiative aus Laiendarstellern, die Mitte der 90er Jahre unter Anleitung des Tatort-Darstellers und Regisseurs Gerhard Fehn startete. Der Kulturstall bietet inzwischen regelmäßig ein anspruchsvolles Theaterprogramm und erfreut sich großer Beliebtheit. Die Besucher kommen aus einem weiten Umkreis und genießen in Deute gehobene Unterhaltung, guten Wein und leckere Speisen. Der Kulturstall Deute wird von den Deuter Vereinen und der Stadt Gudensberg unterstützt und gefördert.

Dissen

Mit seinen rund 700 Einwohnern ist Dissen der nördlichste Gudensberger Stadtteil. Reist man von Gudensberg in Richtung Dissen, so erreicht man bald das „Kasseler Kreuz“, ein altes Steinkreuz als ursprüngliche Wegemarkierung, mit dem sich eine schaurige Sage verbindet. Angeblich begrub man dort einen Verräter, der dem feindlichen Lager im 30-jährigen Krieg das Gudensberger Stadttor geöffnet hatte, mit seinem Pferd bei lebendigem Leibe.

Als deutlichstes Wahrzeichen Dissens ist schon vom Weiten der Scharfenstein zu sehen. Der stark gezackte Basaltberg ist als Naturdenkmal geschützt. Bestimmend für das Dorfbild sind vor allem der im 15. Jahrhundert erbaute Wehrturm der Kirche und die zahlreichen restaurierten Fachwerkhäuser des Dorfkerns.

Als „Dusinum“ in der Grafschaft Maden wurde Dissen im Jahre 1061 erstmals schriftlich erwähnt. Einer der ältesten Zeitzeugen der Disser Geschichte ist die zum Naturdenkmal erhobene über 300 Jahre alte Dorfeiche. Im Jahre 1805 wurde von der Kurfürstlichen Residenz Cassel eine Postroutenlinie durch Dissen eingerichtet. An der Postkutschenstation Dissen wurden bis 1850 Pferde gewechselt, Post sortiert, Reisende stiegen ein und zu. Heute, in Privatbesitz, trägt sie noch immer den Namen Posthof.

Dorla

Der kleine Stadtteil Dorla mit rund 400 Einwohnern südwestlich von Gudensberg ist bekannt wegen seiner Dorfkirche, die mit außergewöhnlicher Bauernmalerei verziert ist und über ein Mansardendach sowie einen barocken Glockenturm verfügt. Das liebevoll arrangierte Interieur der 1718 erbauten Kirche präsentiert sich ausgesprochen vielfältig. Die Symbolik der zahlreichen bildlichen Darstellungen an Empore und Außenwänden scheinen in eine Zeit versetzen zu wollen, in der der Tod noch Mittelpunkt und Reflexionsgegenstand der Menschen war. Auch die Kirchenbänke fallen farblich aus dem üblichen Rahmen. Man findet sie in Marmorstruktur von dunkelbraun über rotbraun bis flaschengrün.

Der rund hundert Jahre alte Friedrichsbrunnen ist bis heute ein wichtiger Treffpunkt für Jung und Alt . Im alten Ortskern stehen zudem viele, schön restaurierte Fachwerkhäuser.

Dass es in einem kleinen Ort auch außergewöhnliche kulturelle Entwicklungen geben kann, zeigt das Beispiel Musikverein Dorla, dessen Mitglieder nicht nur bei den großen Gudensberger Festen, sondern auch zu den Bad Zwestener Kurkonzerten und anderen Gelegenheiten aufspielen.

Als „Durloon“ (abgeleitet von Donar, indogermanischer Himmelsgott) ist das adelige Dorf für das Jahr 1040 erstmals urkundlich verbrieft. Im Laufe der Jahrhunderte wandelte sich der Ortsname mehrfach, allerdings blieb die Stammform erhalten. Wie auch in den anderen Stadtteilen lebten die Menschen in Dorla früher vorwiegend von der Landwirtschaft. Besonders stolz ist man daher auf einen Satz, der sich in vielen Lesebüchern fand und wahrscheinlich auf die besondere Fruchtbarkeit des Bodens zurückzuführen ist: „Dorla, Werkel, Lohne sind des Hessenlandes Krone.“

Gleichen

Zwischen Leichenkopf und Wartberg liegt Gudensbergs kleinster Stadtteil Gleichen mit seinen 350 Einwohnern. Der Stadtteil ist vor allem für die (nach ihm benannte) neolithische „Wartberg-Kultur“ bekannt. Zudem ist Gleichen auch Firmensitz des „Wartberg-Verlages“, welcher sich vor allem um die nordhessische Region bemüht. Darüber hinaus wird Gleichen auch für seine kräftigen Stimmen geschätzt. Der Männergesangverein mit Frauenchor hat sich durch sein buntes Repertoire in der Region einen Namen gemacht und gestaltet viele Feste und Feiern mit.

Als „Gilihha“ findet Gleichen erstmals Erwähnung in den Aufzeichnungen des Fuldaer Mönches Eberhard, wonach ein gewisser Gosmar um 850 seinen Besitz dem Kloster Fulda übergab. Das heutige Gleichen wurde allerdings erst später besiedelt, weshalb man noch im 13. Jahrhundert von Ober- und Untergleichen sprach. An der Durchgangsstraße liegt der Dorfplatz, der den Bewohnern die Möglichkeit der Kommunikation in einer schön gestalteten Umgebung bietet.

Vorbildlich saniertes Fachwerk prägt bis heute das Dorfbild von Gleichen, in dessen Zentrum die in 1716 neu errichtete Dorfkirche steht. Modernisiert hat sich Gleichen vor kurzem durch das Dorferneuerungsprogramm mit Umbau des Dorfgemeinschaftshauses und dem Ausbau eines Multifunktionsplatzes samt Sportanlagen.

Maden

Der Stadtteil Maden gilt als vermutlich ältester Ort Hessens und war viele Jahrhunderte der Mittelpunkt des Chattenlandes. Um das Jahr 800 wird Maden erstmals als „Mathanon“ urkundlich erwähnt. Die Grafschaft Maden war eine der hessischen Gaugrafschaften, in die das fränkische Hessen während und nach dem Ende der Vorherrschaft der karolingischen Konradiner zersplitterte. Aus der Grafschaft Maden entwickelte sich über einen Zeitraum von etwa 250 Jahren die Landgrafschaft Hessen.

Mit seinen zahlreichen Fachwerkhäusern liegt Maden (rund 1200 Einwohner) am Fuße der Basaltkuppe „Maderstein“, welcher von den Einheimischen als Naherholungsgebiet geschätzt wird. Der Stadtteil ist geprägt von seinen landwirtschaftlichen Betrieben, die von der Fruchtbarkeit des Bodens profitieren. Die Mader Heide, der Wotanstein und der Maderstein sind Schauplätze vieler Überlieferungen.

Mader Heide

Die Mader Heide war, so vermuten Heimatforscher, ein chattischer Kultplatz und belegter karolingischer Versammlungsort und bis in das Mittelalter ein Versammlungsort der hessischen Landstände.  Ob es sich um den von Tacitus in Germania beschriebenen chattischen Hauptort „Mattium“ handelt ist nicht zweifelsfrei zu belegen. Im Mittelalter hielten die Gaugrafen von Hessen auf der Mader Heide Thing- und Gaugericht ab. Von einer kleinen Anhöhe wurden Erlasse für die Erhebung von Abgaben ausgesprochen und der Heerbann geführt. Heute wird die Fläche der Mader Heide landwirtschaftlich genutzt. Ein Wegweiser weist vom Gudensberger Ortsteil Maden den Weg zur Mader Heide. In Gudensberg erinnert ein Straßenname an die historische Stätte.

Wotanstein

Ein imposantes Megalithdenkmal findet sich noch heute im Stadtteil Maden: der so genannte Wotanstein. Die von Menschenhand aufgerichtete Quarzitplatte ist fast zwei Meter hoch, 1,2 Meter breit und 0,55 Meter dick. Da in Maden kein Quarzit vorkommt, gehen Archäologen davon aus, dass der Findling im 3. Jahrhundert v. Chr. nach Maden gebracht und aufgestellt wurde. Eine frühgeschichtliche rituelle oder religiöse Nutzung ist zwar nicht nachweisbar, aber aufgrund der auffälligen Häufung von ähnlichen Menhiren im Gudensberger und Fritzlarer Raum durchaus anzunehmen. Es könnte sich um einen heiligen Ort, einen Ort der Verehrung oder eine Opferstätte handeln. Dass man die Verbindung zu Toten gesucht hat, ist ebenfalls anzunehmen.

Der Sage nach wollte der Teufel vom Gudensberger Lamsberg oder vom Maderstein aus die erste Kirche des Bonifatius in Fritzlar, die angeblich aus dem Holz der Donareiche errichtet worden war, mit dem Stein zerschmettern. Der Stein blieb ihm aber beim Werfen im Ärmel hängen und fiel auf das Feld zwischen Maden und Obervorschütz. Die Eindrücke und Löcher am Stein deutete man als Teufelskrallen.

Obervorschütz

Obervorschütz (ca. 1400 Einwohner) ist sowohl der südlichste als auch größte Stadtteil Gudensbergs und wurde erstmals in einer Urkunde des Stiftes Fritzlar 1275 erwähnt. Der nicht näher abzuleitende Ortsname weist allerdings auf ein wesentlich höheres Alter hin. Die ursprüngliche Ansiedelung des Dorfes erfolgte in der Emsaue, wo sich auf einer leichten Anhöhe die Kirche befindet. In den 80er Jahren hat Obervorschütz sein Gesicht durch Dorferneuerungsmaßnahmen grundlegend verändert. Mit finanzieller Hilfe des Landes und der Unterstützung der Stadt konnten viele Grundstückseigentümer im alten Ortskern Wohn- und Wirtschaftsgebäude sanieren, Fassaden, Hauseingänge und Hofflächen neu gestalten sowie Dächer, Stützmauern und Zäune erneuern.

Nördlich von Obervorschütz liegt eine geschichtsträchtige Basaltkuppe, der so genannte „Nacken“. Auf ihm erinnert ein Denkmal an den Besuch Kaiser Wilhelms I. am 23.9.1878. An diesem Tag nahm der Kaiser dort ein Militärmanöver ab.

Zu den für den Chattengau typischen Basaltkuppen zählt auch die Kuppe des jüdischen Friedhofes westlich von Obervorschütz. Vermutlich wurde der Friedhof bereits während des 30-jährigen Krieges angelegt. Insgesamt 387 Grablegungen wurden erfasst. Eine örtliche jüdische Gemeinde ist durch ihn zumindest von 1730 an nachweisbar. Bis zur Vertreibung aus ihrer hessischen Heimat war er Begräbnisstätte für Juden aus Gudensberg und den umliegenden Dörfern. Die letzte Bestattung fand im Mai 1938 statt. Über die Geschichte und das Schicksal der Gudensberger Juden berichtet eine Dauerausstellung im heutigen Kulturhaus Synagoge in der Kernstadt. Der Friedhof steht der Öffentlichkeit zum Besuch frei. Nicht betreten werden darf er am Sabbat sowie an jüdischen Festtagen. Der Schlüssel für das Friedhofstor kann bei der Stadtverwaltung ausgeliehen werden.

Neben dem 2006 eröffneten Golfpark zeichnet Obervorschütz eine eigene Grundschule mit besonderem Profil in historischem Gebäude aus. Bekannt ist die Grundschule vor allem durch ihr spezielles Schulprofil, das sich an dem Titel „Schule der Achtsamkeit“ orientiert.

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